Tiny Houses – Leben auf kleinem Fuss, erster Teil

Bestimmt haben Sie den Begriff Tiny Houses schon einmal gehört. Tiny Houses klingen nach Romantik, Outdoor, Nachhaltigkeit und einem günstigen Eigenheim. Ist dem auch so? Hans Graf klärt auf.

Hans Graf, schon wieder ein neudeutscher Begriff: Tiny House, kannst du uns darüber etwas sagen?

Nun, «tiny» kommt aus dem Englischen und heisst übersetzt: sehr klein, winzig. Ein «Tiny House» ist demnach ein winziges Haus oder ein Minihaus.

Ursprünglich stammte die Tiny-House-Bewegung aus den USA. Als Gegentrend zur «Bigger is better»-Maxime und als Reaktion auf die Finanzkrise im 2008, wo Hunderttausende Job und Haus verloren.

Sind Tiny Houses im Trend?

Nun ja, Tiny Houses passen gut zum Zeitgeist von Greta & Co. Sparsam im Bau und im Unterhalt, der ökologische Fussadruck scheint winzig. Sie sind mobil, denn meistens kommen sie auf Rädern daher oder sind zumindest leicht zu transportieren. Und die Grösse eines Tiny House entspricht etwa der eines Kinderzimmers.

Wow, der Grösse eines Kinderzimmers entsprechend! Das heisst eine Wohnfläche von zirka 15 bis 20 Quadratmetern?

Ja, das ist sehr bescheiden und es versteht sich von selbst, dass auf einer solchen Fläche alles äusserst minimal ausgestattet ist. Oft hat es nur eine Dusche, ein WC und eine einfache Küche. Nicht alle benötigen einen Herd mit vier Kochstellen oder eine Badewanne. Hingegen braucht es flexible Flächen fürs Wohnen und Schlafen. So, das wärs, für mehr ist meistens keine Platz.

Reduce to the max?

So ist es: maximale Ausnutzung von minimalem Raum.

Für eine Familie kaum vorstellbar, vielleicht eher etwas für Paare oder Singles?

Das sehe ich auch so: Mit einem Doppelbett wird es sehr eng, eher hat es Platz für zwei schmale Betten übereinander. Die Möbel in Tiny Houses sind meist multifunktional: ein Tisch am Tag, ein Bett in der Nacht. Beim Komfort muss man schon Abstriche machen. Am besten stellen wir uns ein Wohnmobil vor: Hier ist auch alles auf kleinstem Raum vorhanden.

Niedrige Ansprüche, niedrige Kosten: Was kostet ein Tiny House?

Nun, es gibt fertige Modelle ab Stange zu kaufen. Mit Preisen zwischen 30’000 und 200’000 Schweizer Franken. Oder man plant und baut das Minihaus komplett selbst, was jedoch auch nicht kostenlos ist, denn es braucht gute Materialien und Geräte.
Sicher begleiten regionale Architekten oder Zimmereien gerne solche Projekte.

Welche Materialien werden für Tiny Houses verwendet?

Idealerweise verwendet man Holz oder Holzverbundplatten für den Bau, so ist das Minihaus genügend gedämmt. Das Tiny-House-Konzept soll ja auch ökologisch tragbar sein.

Tiny Houses werden auch aus Schiffscontainern gefertigt. Hier werden die Fenster ausgeschnitten und alles von innen isoliert. Wers edel mag, lässt Douglasieholz als vorgehängtes Fassadenelement montieren.

Warst du schon mal in einem Tiny House oder Minihaus?

Ja, ich habe schon solche gesehen mit Fussbodenheizungen und Solarzellen auf dem Dach. Um Platz zu sparen, liess sich die Eingangstüre nach aussen öffnen oder es gab eine Schiebetüre.

Idealerweise gehört zum Tiny House eine Terrasse, ein Sitzplatz oder eine Dachterrasse. Also zusätzlicher Raum, um sich gemütlich hinzusetzen.

Tiny House, das Minihaus fürs bescheidene Budget?

Viele träumen noch immer von einem eigenen Haus oder Häuschen. Nehmen wir an, ich hätte gespart, würde den Mini-Hausbau während meiner Sommerferien einplanen, um dann zupackend das meiste selbst zu machen: Und schon wäre ich Eigentümer eines winzigen Eigenheims.

Wäre doch machbar?

Genau, alles easy. Nein, so einfach ist es leider nicht. Zumindest nicht in Europa und hierzulande: In der Schweiz haben es Tiny Houses schwer. Aber dazu mehr im zweiten Teil.

Autor: Isabel Conzett